Toleranzen
Immer wieder kommt das Thema der Produktionstoleranz auf, insbesondere wenn es um Preise geht. Während diese einerseits durch technische und / oder prozessbedingte Schwankungen unumgänglich sind, wird es jedoch auch zur Margenoptimierung ausgenutzt.
Dies kann sich sowohl auf die Dimensionen als auch die Zusammensetzung beziehen. In der Lebensmittelindustrie ist es zum Beispiel oftmals die Rezeptur, welche verändert wird, um etwas mehr Geld in der Tasche zu behalten – Stichwort: ‚verbesserte Rezeptur‘.
In der Folienindustrie hingegen sind es in der Regel die physischen Dimensionen, also Länge, Breite und Stärke, an denen optimiert wird. Dies ist bei allen Folienprodukten festzustellen: Baufolien, Stretchfolien, Verpackungsfolien sowie Hauben und Beutel.
Doch auch die Rezeptur unterliegt gewissen Schwankungen: dies bedingt sich zum Beispiel durch wechselnde Qualität des Regranulates oder spezielle Anforderungen wie definierte Reib-Gleitwerte o.ä..
Wieso gibt es Toleranzen?
Technische Gründe:
Hierzu zählen Gründe, die sich aus dem Prozess der Herstellung ergeben.
- In der Regel wird eine Folie bei der Produktion nicht über die Stärke, sondern die Grammatur eingestellt. Dies bedingt an sich eine gewisse Ungenauigkeit, welche sich unter anderem als Schwankungen in Durchmesser / Breite und Stärke zeigen kann. Wird zum Beispiel maschinell schneller gefahren beim selben Materialausstoß, ergibt sich automatisch eine geringere Stärke. Nur modernste Anlagen lassen es zu, direkt die Stärke einzustellen. Ebenso können Schwankungen in der Laufgeschwindigkeit zu Abweichungen in der Breite der Blase, also letztendlich der Folie führen.
- Temperaturschwankungen können, insbesondere bei der Blasextrusion zu unterschiedlichem Abkühlen führen. Dies bedingt Materialschwankungen, insbesondere in der Stärke.
- Rezeptur: Aufgrund von Qualitätsunterschieden im Rohmaterial kann es erforderlich sein, den Materialmix zwischen 1A / Virgin und Recyclat anzupassen, um dieselben physikalischen Eigenschaften zu erzielen.
- Länge: Ist ein Zähler ungenau oder schlecht eingestellt, kann es zu Abweichungen in der Lauflänge kommen.
- Breite: Wird eine Folie nicht als Schlauch verwendet, sondern als Flachfolie oder Halbschlauch, muss diese geschnitten und umgelegt werden. Wird hierbei ungenau gearbeitet, kommt es zu Abweichungen in der Breite.
- Abkühlung: Da Folie heiß produziert wird, kann es durch Schrumpfung zu leichten Abweichungen kommen.
Preisdruck:
Machen wir uns nichts vor: hohe Toleranzen treten insbesondere dann auf, wenn der Preisdruck am Markt besonders groß ist.
Für den Produktpreis sind vier Punkte besonders entscheidend: Rohstoffkosten, Energiepreise sowie Produktions- und Personalkosten. Bei allen Kostenarten lassen sich Verbesserungen im Wettbewerbsvergleich erzielen, doch ein gewisser Punkt lässt sich kaum unterbieten. Um dennoch Preisvorteile generieren zu können, wird zu kreativen Maßnahmen gegriffen.
Dies geschieht teils sehr offensichtlich: Bei Klebebändern wird gerne die Breite von 50 auf 48mm reduziert. Oftmals steht dies für jeden ersichtlich auf dem Etikett und das Produkt eignet sich für den Einsatzzweck genauso gut wie ein 50mm breites Klebeband.
Kritisch wird es jedoch, wenn technische und / oder regulatorische Anforderungen gewisse Eigenschaften erfordern: So zum Beispiel bei einer Schrenzlage für schwimmenden Estrich nach DIN 18560. Diese fordert in ihrer aktuellen Iteration eine Mindeststärke von 150µm. Demnach ist eine Typenfolie 200 mit 20-60 Prozent Toleranz hier zulässig oder eben nicht.
Eine weitere, interessante Variante erlebten wir bei einer autmatisierten Verpackungsstraße: Wir konnten in intensiver Zusammenarbeit mit dem Kunden durch diverse Zusätze in der Folie eine Erhöhung der Taktraten um 30% realisieren – bis ein Konkurrent mit einem sehr viel günstigerem Angebot den Kunden für sich gewann. Natürlich kannte dieser unsere Rezeptur nicht und der Taktratengewinn war dahin, damit auch der Zugewinn an Produktivität.
